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.Sie war mehr damit beschäftigt, sich darüber zu wundern, wie schwach und dünn diese Frau war, die sie im Arm hielt.Pia hob ihren Kopf.»Du musst damit leben, dass dein Mann auf Menschen schießt.Schließlich hat er es für eine gerechte Sache getan.Das ist einfach so bei einem Soldaten.«Wie vernünftig sich solche Banalitäten doch anhörten, wenn sie im Bett gesagt wurden.»Du meinst also auch, Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt?« Marie wollte nicht sarkastisch klingen.Sie wusste, dass Pia ihr helfen wollte.Deshalb legte sie deren Kopf in die linke Armbeuge und streichelte ihr mit der Rechten übers Haar.Pia schloss die Augen.Sie schien sich in Maries Bett wohl zu fühlen.Sie lächelte sogar.Marie gefiel dieses Lächeln.Es war das bedingungslose Lächeln eines Kindes.»Sollen wir uns das gefallen lassen?«, fragte Pia, ohne aufzuhören zu lächeln.»Was?«»Wir sind das Abendland.Wir hatten die Aufklärung.Nicht die.Und jetzt sollen wir unsere Hirne und Herzen öffnen für Gotteskrieger, die nicht lesen und schreiben können, die uns aber erzählen wollen, wie wir zu leben haben.Für Frauen, die ihr Leben lang verschleiert laufen und keine Schule besuchen dürfen.Nein, das will ich nicht.Ich lebe in einer freien Welt.Ohne Scharia.Ohne Terroranschläge auf Menschen, deren einziger Fehler es ist, dass sie keine fanatischen Muslime sind.Ich sehe das alles nicht ein, Marie.Dein Mann ist für eine gute Sache gestorben.Für die Freiheit – und für die Vernunft.«Marie fühlte sich wie erschlagen von so vielen Worten.Sie fühlte sich auch erschlagen von Pias Klarheit.So klar war nicht einmal Karl gewesen, wenn er seinen Einsatz in Kundus zu rechtfertigen versucht hatte.Und noch etwas verblüffte Marie: Offensichtlich herrschte in Schweden eine andere Meinung über den Afghanistan-Einsatz als in Deutschland.Marie streckte ihren Arm aus und löschte das Licht.Pia räkelte sich.»Darf ich bei dir schlafen?«Marie zog die Decke über sich und Pia.22.Als der Wecker läutete, schlummerte Pia immer noch in Maries Arm.Marie hatte tief und fest geschlafen.Jetzt erst bemerkte sie, dass sie klatschnass war.Die Körperwärme der beiden Frauen hatte sich in der Nacht potenziert.Pia schlief ohne Slip und T-Shirt.Beides lag auf dem Boden neben dem Bett.Marie stopfte es unter die Decke – falls Felix hereinkam.Sie wollte nicht, dass er die Kleidungsstücke auf dem Boden liegen sah.Der Junge lag im Tiefschlaf.Marie hatte Probleme, ihn wach zu bekommen.Es war schon kurz vor acht, als er in die Küche kam.Er stopfte schnell ein halbes Brötchen mit seinem Lieblingskäse in sich rein, trank seinen Kakao und küsste seine Mutter.»Es war gar nicht so schlimm, dass du gestern nicht da warst«, sagte er zum Abschied.»Mit Pia ist es fast genauso schön wie mit dir.«Dann war er weg.Marie winkte ihm vom Fenster aus zu, als er sein Rad aus dem Schuppen holte.Auch wenn sein Geständnis harsch klang – sie wusste, dass er ihr das gesagt hatte, um sie zu beruhigen.Er wollte nicht, dass sie sich Vorwürfe machte, wenn sie ihn allein ließ.So erwachsen war er schon.Marie kochte eine große Kanne Kaffee.Die stellte sie zusammen mit zwei Tassen, Zucker und Milch auf das Tablett und trug alles hoch ins Schlafzimmer.Es war fast wie an den Tagen, an denen Karl Heimaturlaub gehabt hatte.Pia schlief noch.Sie hatte Arme und Beine um die Bettdecke geschlungen, als wollte sie daran hochklettern.Obwohl sie so schlank war, fand Marie den Körper der jungen Frau sehr weiblich: Ihre Rundungen waren nur schwach entwickelt, aber sie wirkten harmonisch.Marie schaute die schlafende Frau an, die die Nacht in ihren Armen verbracht hatte.Sie stand vor dem Bett, mit dem Tablett in der Hand, der Kaffeeduft stieg ihr in die Nase, und sie versuchte, sich darüber klar zu werden, was das alles zu bedeuten hatte.Marie hatte keine Freundin.Vor allem nicht so eine wie Pia.Deren Nähe tat ihr gut.Dass Pia die Nacht in ihrem Bett verbracht hatte, machte ihr keine Schwierigkeiten.Es war nicht so wie damals mit Gunter.Der hatte für Felix eine Bedrohung dargestellt.Sie hätte dem Jungen das ersparen müssen.Mit Pia war das anders.Die mochte Felix.Das machte es einfacher für Marie.Sie musste auch Karl gegenüber kein schlechtes Gewissen haben.Pia war eine Frau – und kein Mann.Aber das interessierte Karl momentan sowieso nicht.Marie stellte das Tablett neben das Bett auf den Boden.Sie beugte sich über Pia und küsste sie auf die Wange.Pia legte ihre Hand in Maries Nacken und zog sie an sich.Sie küsste Marie auf den Mund.Ihr Kuss war warm und feucht.Das tat sie alles mit geschlossenen Augen.Marie ging auf die Knie.Sie wäre gerne noch mal ins Bett gekrochen – aber das ging zu weit.Das Telefon läutete.Ausgerechnet jetzt.»Bin gleich wieder da«, flüsterte Marie und lief hinunter.Sicher war das wieder jemand aus Berlin.Die würden keine Ruhe geben, dessen war Marie sich sicher.Sie meldete sich schlecht gelaunt.»Marie, bist du’s?«Das war nicht Karl.Marie brauchte eine Weile.Die Stimme war ihr nicht fremd, aber sie konnte sie nicht zuordnen.»Ich bin auf der Insel.Aber ich sage jetzt nicht, wo.Wer weiß, wer alles zuhört.«Das war Gunter.Pias Bruder.Endlich.Er war am Leben.Und er war in der Nähe.»Ich würde ungern gleich zu dir kommen.Sie waren doch schon bei dir, oder? Sicher waren sie auch bei dir.«Gunter redete sehr schnell.Als würde ihm die Zeit davonlaufen.Wie Karl bei seinen nächtlichen Anrufen.Marie räusperte sich.»Deine Schwester ist bei mir.«»Pia? Schon.Gut, dann müssen wir uns was überlegen.Ich hoffe, dass sie dich nicht abhören.«»Das tun sie nicht.« Sie konnte Gunter jetzt nicht von der Wanze erzählen, die nicht funktioniert hatte.»Wir müssen uns bald treffen.Ich will meine Schwester sehen.Und ich muss weg hier.«So schnell hatte Marie nicht damit gerechnet, dass Gunter sich meldete.»Sag, kennst du eine Stelle, wo wir drei uns sehen können? Ein Platz, wo niemand hinkommt.Etwas Abgelegenes.«Einerseits wollte Marie Gunter helfen.Andererseits wollte sie nicht, dass alles Hals über Kopf ging.»Ja, es gibt da eine Stelle, wo Karl gerne hinging.Etwa zwei Kilometer von hier entfernt.In Richtung Norden.Es ist ziemlich abgelegen.In der Nähe vom Forsthaus Damerow.Man kommt nur zu Fuß hin.«»Das klingt gut«, sagte Gunter aufgeräumt.Marie erklärte ihm, wie er zu der Bucht kam.»Wann?«, fragte Gunter.»Felix ist noch in der Schule.Ich müsste ihn erst unterbringen, dann …«Gunter unterbrach sie ungeduldig.»Sagen wir, um drei.Bitte, achte darauf, dass niemand dir folgt! Wenn das der Fall ist, gehst du in die entgegengesetzte Richtung.Ich melde mich dann später telefonisch noch mal.«Marie versprach es.»Willst du nicht noch eine Weile auf der Insel bleiben?«, fragte Marie.»Warum das denn?«Marie kam sich etwas albern vor.»Gut.Um drei.«Sie legte auf.Als sie sich umwandte, erschrak sie.Pia stand auf der Treppe.Wie ein Gespenst.Sie hatte sich in das Bettlaken eingewickelt.»Wer war das?«»Dein Bruder.«»Oh«, sagte Pia, drehte sich um und lief nach oben.Marie setzte sich an den Küchentisch und wartete.Pia erschien mit dem Tablett.Sie hatte ihr T-Shirt und den Slip angezogen und war in Karls alte Pantoffeln geschlüpft, die ihr viel zu groß waren.Sie musste aufpassen, dass sie beim Hinabsteigen nicht hinfiel.Die beiden Frauen saßen in der Küche und tranken Kaffee.Lange redeten sie nichts.Dann sagte Pia: »Es geht ihm also gut.« Marie fiel auf, dass sie bleich geworden war.Ging es ihr nicht gut?»Ja, er ist wohlauf [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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