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.Und Kopervik war so abgelegen, dass es genauso gut auf einem anderen Planeten liegen könnte.Was bedeutete, dass es sich wohl kaum um Grabräuberei handelte.Jemand – und zwar jemand mit einem sehr dicken Portemonnaie – wollte die Leichname haben.Und der einzige Grund, diese besonderen Leichen haben zu wollen, war der, an das Virus ranzukommen, das sie in sich bargen.Was wiederum nur bedeuten konnte, dass die Leute, die die Leichname gestohlen hatten, dieses Virus züchten wollten, genau wie Kicklighter und Adair es vorgehabt hatten.Aber wozu?Bestimmt nicht, um die Proteinhüllen zu untersuchen.Annie hätte von jeder derartigen Expedition nach Kopervik gewusst.Da sie die gesamte Grundlagenforschung gemacht hatte, wäre sie aus Gründen der kollegialen Höflichkeit konsultiert und vielleicht sogar zur Teilnahme eingeladen worden.Und wenn schon nicht Annie, dann hätte doch zumindest die National Science Foundation davon gewusst.Ebenso die Vertreter der Bergbaugesellschaft und die Familien, die ihre Erlaubnis erteilt hatten, die Leichen zu exhumieren.Was also hatte das Ganze zu bedeuten?Er überlegte, ob vielleicht ein Pharmaunternehmen an dem Virus interessiert war, um einen Impfstoff zu entwickeln.Aber welches Unternehmen würde denn schon einen Impfstoff gegen einen Erreger herstellen wollen, den es gar nicht gab oder den es nur im ewigen Eis der Arktis gab? Wohl keines.Niemand würde so etwas tun.Wer dann? Und warum?Warum ein Influenzavirus in seinen Besitz bringen, das wegen seiner Virulenz gefürchtet war? Tja, so schwer war die Frage nicht, dachte er.Wenn jemand dieses Virus nicht zu Studienzwecken brauchte und auch keinen Impfstoff entwickeln wollte, dann blieb als einziger Grund für die Bergung der Leichen der, das Virus als biologische Waffe zu benutzen.Und was für eine Waffe! Da sie durch Tröpfcheninfektion übertragen wurde, war sie ungemein ansteckend, und damit nicht genug –Ein Hupen von hinten riss Frank aus seinen Gedanken, und er sah, dass zwischen ihm und den blassroten Augen des Wagens vor ihm eine Lücke von zwanzig Metern entstanden war.Der Verkehr setzte sich endlich wieder in Bewegung.Er beugte sich im Sitz nach vorn, auf der mittlerweile fast undurchsichtigen Windschutzscheibe perlte der peitschende Regen.Er fuhr die Arizona Avenue hinauf und bog in die Nebraska Avenue ein.Am Ward Circle platschten Studenten der American University unbesonnen und durchnässt über die vielspurige Kreuzung.Wer? Das Militär kam am ehesten in Frage, aber wie er herausgefunden hatte, war das Militär – oder zumindest der Geheimdienst – ja heimlicher Geldgeber der Expedition gewesen.Und sie hätten bestimmt kein Geld gegeben, wenn sie die Leichen bereits exhumiert hatten.Dann Terroristen.Das würde natürlich erklären, warum Neal Gleason in der Sache mitmischte.Aber nein.Angesichts der Geldmittel, die vonnöten waren, um eine Expedition nach Kopervik auszurüsten – eine Expedition, die unter Umständen nur ein paar Frostbeulen eingebracht hätte –, war einer der gefährlichen Böse-Jungs-Staaten wahrscheinlicher.Iran, Irak, Libyen.Die üblichen Verdächtigen.Aber das glaubte er nicht.Irgendwas an seinen Überlegungen stimmte nicht, irgendwas hatte er übersehen.Aber was?Zwei Querstraßen von seiner Wohnung entfernt hielt er an und kaufte sich rasch eine Portion Reis und bistec al pasilla.Zu Hause angekommen, warf er die Satellitenfotos auf den Couchtisch, setzte sich vor den Fernseher und schaltete die Kanäle durch, bis er das Spiel der Bullets oder Wizards oder wie sie sich diese Woche gerade nannten, gefunden hatte.Er sah, wie Strickland einen verdeckten Pass an Webber abspielte, der einen Rückwärtsjam riskierte.Attraktives Spiel, bis der Spielstand eingeblendet wurde und er sah, dass Indiana mit sechzehn Punkten vorn lag.Er schaltete den Apparat ab.Er konnte sich ohnehin nicht richtig konzentrieren.Die Satellitenfotos gingen ihm nicht aus dem Kopf, und er wurde das Gefühl nicht los, dass irgendwas daran keinen Sinn ergab.Aber was?Vielleicht kam er ja dahinter, wenn er seine Notizen und Unterlagen über das Grippevirus noch einmal durchging.Er konnte sich doch beim Essen ein paar seiner Interviewbänder anhören.Vielleicht halfen die seinem Gedächtnis auf die Sprünge.Er kramte die Schachtel mit den Kassetten durch, bis er fand, was er suchte – Influenza / Adair Gespräch 8.3.98 – , und legte das Band ein.Dann holte er sich ein Bier und eine Flasche Yucateco-Sauce und lauschte aufmerksam.»Es ist unbeabsichtigt.Sie benutzen Wirtszellen, um sich zu reproduzieren.Die Tatsache, dass sie einen krank machen, ist ein Nebeneffekt.Das ideale Virus würde niemanden krank machen.«»Nein? Ich dachte, das wäre ihr Daseinszweck.«(Lachen) »Nein, sie haben den gleichen Daseinszweck wie wir – biologisch betrachtet.Sie wollen sich vervielfältigen.Und wenn sie dabei ihren Wirt töten, ist das uneffektiv.«Er schüttelte den Kopf.Wie sollte er finden, was er suchte, wenn er nicht wusste, was es war? Er betätigte den Schnellvorlauf.Annie sagte:»Das Pockenvirus ist so unempfindlich, das könnten Sie auf ein Blatt Papier geben und in einen Aktenschrank packen, und es könnte Jahrzehnte darin überleben.Jahrhunderte.Das bereitet Archäologen Sorgen, wissen sie, wenn sie Mumien ausgraben.«»Aber das Grippevirus –«»Ist damit nicht zu vergleichen.«Er schaltete das Gerät aus und stand auf.Das Band brachte ihn nicht weiter.Er wollte sich lieber mit der Quelle selbst unterhalten.Von der Straße führten ein paar Stufen zu Annies Haus hinauf.Er setzte sich auf die oberste Stufe und wartete eine halbe Stunde.Schließlich kam sie die Treppe hinauf, lachend, im Gespräch mit einer kleinen, dunkelhaarigen Frau.Beide schleppten sie Plastiktüten voller Lebensmittel.Diesmal trug sie Sandalen, ein verwaschenes rotes T-Shirt und eine Jeans mit ausgefransten Knien.Irgendwie wusste er, dass die Knie tatsächlich vom vielen Tragen durchgescheuert waren und nicht, weil es gerade Mode war.Die kleinere Frau bemerkte ihn zuerst und hielt Annie am Arm fest.Annie blieb stehen, ihr Lachen erstarb, auf ihrem Gesicht spiegelten sich in rascher Folge einige interessante Empfindungen wider – eine Nanosekunde lang schien sie wirklich erfreut, ihn zu sehen –, bevor sich ein argwöhnisches Lächeln durchsetzte.»Haben Sie das noch öfter vor? Wenn ja, könnte demnächst vielleicht ein Abendessen auf Sie warten«, sagte sie.»Ich wollte Ihnen was zeigen«, sagte Frank und klopfte auf die Röhre mit den Satellitenfotos.»Okay«, sagte Annie.Die andere Frau blieb an der Tür stehen und zeigte ungehemmt ihre Neugier.Endlich stellte Annie sie einander vor.»Frank – Indu.Indu wohnt mit mir zusammen.«»Und Frank?«, erkundigte Indu sich knapp.»Frank ist Journalist«, erwiderte Annie.Indu bedachte Frank mit einem schrägen Lächeln, warf Annie einen amüsierten Blick zu und ging ins Haus.Annie drehte sich zu Frank um.»Was wollten Sie mir zeigen?«»Satellitenshots.«»Was?«»Satellitenfotos.Aus der Vogelperspektive …«»Wovon?«»Kopervik.Sechsundzwanzigster März, gegen ein Uhr nachmittags.Sie sehen aus wie ein Pünktchen.«»Ist das ihr Ernst?«Frank nickte.»Ich weiß jetzt, was ihr gefunden habt.«Annie betrachtete ihn kühl, überlegte, ob das ein Trick war, und wenn ja, wie er sie so dermaßen unterschätzen konnte.»Ehrlich?!«, sagte sie, und ihre Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus.»Jawohl.«»Und was haben wir gefunden?«»Bupkis.«»Was?«»Die Leichname waren weg.Irgendwer war vor euch da.«Sie sah ihn lange an, dann bat sie ihn ins Haus.»Ich denke, wir sollten darüber nicht hier draußen auf der Straße sprechen.«Und selbst drinnen, als das Foto schon mit Büchern an den Ecken beschwert auf dem Tisch lag, zögerte sie noch immer, etwas dazu zu sagen
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