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.Martin setzte auf einen knappen Sieg der bisherigen Koalition; mit einem politischen Erdrutsch rechnete er nicht.Er bestellte seine Partner ins Hotel, wo er auch das Gerücht auffing, daß ein Miteigentümer des Tageskuriers sich von der Zeitung zurückziehen und bei günstigem Angebot seinen Anteil verkaufen wolle.Als Martin den Namen erfuhr – Flachbauer –, hatte er eine vage Erinnerung, die sich nicht genau fassen ließ.Wichtiger als der amtsmüde Verleger schien ihm die Möglichkeit, auf die Zeitung Einfluß zu nehmen.Dieses Blatt brauchte längst nicht mehr von den Papierzuteilungen eines US-Captains künstlich ernährt zu werden.Den regionalen Rahmen sprengend, war es zu einer der führenden Zeitungen geworden, so daß es namhafte Mitarbeiter nicht erst anzuwerben brauchte.Nach und nach hatte sich eine heterogene Redaktion zusammengefunden, nicht in allem, doch darin einig, daß es sich in München besser leben lasse als in Köln oder Frankfurt.Martin versuchte über einen neutralen Bekannten Dr.Schieles eine Verbindung zu Flachbauer herstellen zu lassen.Der Verleger hielt sich auf seiner Jagdhütte auf, war aber bereit, nach München zu kommen.Auch ihm, dessen Anteile an der Zeitung seine Teilhaber billig aufkaufen wollten, paßte ein ruhiger Sonntag als Verhandlungstag.Während Martin auf Flachbauer wartete, ließ er sich mit einer Frankfurter Telefonnummer verbinden, die er seit gestern kannte.Bis die Verbindung zustande kam, versuchte er, Aschenbrödels Bild zu formen, sah ihre grünblauen Augen, ihre braunroten Haare, die Konturen ihres herben Gesichts.»Ritt«, meldete er sich.»Das war zu erwarten«, antwortete Eva.Obwohl ihre Stimme spöttisch klang, umfloß sie Martin wie eine Zärtlichkeit.»Es war nicht leicht zu finden.«»Aber Sie haben es geschafft, vermutlich über den Geschäftsführer …«»Natürlich, Aschenbrödel.Ich habe Sie lange gesucht und dann doch nur zufällig gefunden.Aber«, setzte er hinzu, »ich halte etwas von Zufällen.Gehen wir miteinander aus?«»Wenn ich will«, antwortete Eva.»Also sehen wir uns?«»Wenn Sie mich darum bitten.«»Ich bitte«, sagte Martin.»Ich komme«, entgegnete sie.»Vielen Dank«, schloß Martin.»Morgen?«»Übermorgen«, erwiderte Eva.Er legte auf und überlegte, wie der Abend verlaufen würde.Wie immer, dachte er, vielleicht ein wenig pikanter als die üblichen Begegnungen, bei denen er Frauen wie ein Freibeuter genommen und wie ein Makler bezahlt hatte, nach dem Grundsatz: Geld spart Zeit.Das eine hatte er im Überfluß, und das andere fehlte ihm.Aber, überlegte er, Vorsicht bei Eva! Sie hat etwas gegen reiche Leute, den üblichen Geldkomplex, die Krankheit des Menschen, der nicht arm bleiben will.Ich muß bescheiden sein, keine Orchideen, ein mittleres Restaurant, Sekt statt Champagner – Martin legte sich die Worte für den Abend zurecht wie Hemd und Schlips.Seltsam, dachte er, daß die Frauen uns Männer fast immer zu Schauspielern machen.Sicher ist ihnen der Alltag zu kahl; so wünschen sie sich ihren Partner größer oder kleiner, lauter oder leiser, wollen weniger ihn als das Bild, das sie sich von ihm machen – und wir Männer gehen darauf ein, erheben das Bett zur Bühne, auf der wir uns selbst spielen, wenn auch verschminkt.Meine Paraderollen sind: reich, aber einsam; erfolgreich, doch nicht glücklich – und mitunter auch zeige ich mich als steinreich und halbstark.Nichts für Eva, bei ihr muß ich mir wirklich etwas Neues einfallen lassen.Sie ist zu klug und zu reif, um mir den kleinen Jungen abzunehmen, der statt mit Steinen mit Geld um sich wirft.Flachbauer trug keine Knickerbocker mehr, aber sonst hatte er sich so wenig verändert, daß ihn Martin bei der Begrüßung als den Mann wiedererkannte, der damals neben ihm gesessen hatte.Flachbauer war ein mächtiger Mann geworden, ließ es aber nicht erkennen und wußte es vielleicht auch gar nicht.Ein Leben lang zum Fußvolk der Reichen gehörend, war er nun über Nacht selbst reich geworden.Es erging ihm ähnlich wie einem Unteroffizier, der in einer Revolutionsarmee zum General avanciert war, obwohl ihm Umstürze nicht liegen.Anfänglich saß er in seinem Büro wie in einem Käfig, von den Besuchern durch einen Schreibtisch getrennt, den er wie einen Schutzwall nutzte.Flachbauer kam Martin, der zu den Großinserenten des Tageskuriers gehörte, zur Tür entgegen.»Ich freue mich, Sie auch persönlich …«»Wir hatten schon einmal das Vergnügen«, unterbrach ihn Martin lachend.»So?«»Ja, im Mai neunzehnhundertsiebenundvierzig, vor dem Office des Captain Lessing.«»Oh – ich erinnere mich.« Flachbauer lächelte flüchtig.»Was kann ich für Sie tun?«»Ich möchte etwas für Sie tun«, erwiderte Martin, »und Ihre Anteile kaufen.«Flachbauer wirkte so überrascht wie damals, als ihm plötzlich eine Verlegerlizenz angeboten worden war.Doch diesmal nahm er nicht nur mit seiner Frau, sondern auch noch mit seinem Anwalt Rücksprache.Er verlangte acht Millionen Abfindung; Martin bot fünf.Man einigte sich auf sechs, und am Sonntagmittag war das Geschäft perfekt.In bester Laune verabschiedete sich Martin von Susanne und fuhr nach Frankfurt zurück.Unterwegs hörte er die ersten Wahlergebnisse.Gereizt ließ er die Resultate weiter über sich ergehen und erfuhr noch unterwegs, daß die Regierungspartei, zu der Staatssekretär Dr.Schlemmer gehörte, die absolute Mehrheit errungen hatte.Von der Demokratie zur Demokratur, dachte er bitter …Es ging ihm nicht so sehr darum, daß er den Kurs der Regierung nicht mochte, wobei ihm weniger die Doktrin der Konservativen als ihre Methode erboste, Anhänger wie Fallobst einzusammeln: schwarze, braune, grüne, stickige, unreife Früchte, wie sie vom Baum fielen
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