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.Ich konnte mir vorstellen, wie mein Vater ein Mädchen mit meiner Figur unter den Marktbesuchern fragte, ob sie das Kleid einmal anprobieren könnte.Ich wusste, wie vergnügt er gewesen sein musste, als er das Geld dafür hinblätterte, und wie er das Kleid, in braunes Packpapier gewickelt, unter den Arm klemmte und mit seiner Zigarre im Mund in der nächsten Kneipe einen Wodka trank.Auf das gute Geschäft.Ich weiß, dass Papa mich liebte und dass er mir eine Freude machen wollte, als er erfuhr, dass wir ein Maifest in der Schule feiern …Wenn ich nicht solch ein schlechtes Gewissen gehabt hätte meinen Eltern gegenüber, hätte ich mich gewehrt, dieses Kleid auch nur eine Sekunde lang anzuziehen.Aber ich konnte ihnen nicht auch das noch antun.Ich musste zeigen, dass ich zu ihnen gehörte.Dass wir eine Familie waren, dass wir drei uns liebten.Allerdings hatte ich mir einen kleinen Betrug überlegt.Ich dankte Papa also artig für das schöne Kleid - und nahm mir vor, es auf dem Weg zur Schule in dem Schober, den ich ja kannte, gegen etwas anderes auszutauschen, das ich zuvor in meinem Rucksack verstecken und dort deponieren würde.Meine Mutter hatte ja gesagt, dass Papa gleich wieder wegmüsste, dass sie nicht auf das Fest kommen würde, weil er unterwegs war.Aber wundersamerweise war Papa dann doch an dem Tag noch zu Hause! Und er wollte es sich absolut nicht nehmen lassen, mich mit seinem Auto zum Erlenhof zu bringen.Er selber wollte nicht aussteigen, er wollte nur sehen, wie seine Svetlana in dem Kleid, das er tausend Kilometer weit weg gekauft hatte, von ihren Freundinnen umringt und bewundert wurde.Er war so furchtbar naiv.Ich liebte ihn dafür und gleichzeitig wünschte ich ihn auf den Mond.Was sollte ich nur tun? Vollkommen wehrlos ließ ich alles mit mir geschehen.Meine Mutter kaufte mir goldene Ballerinas dazu und lieh mir ihre Handtasche.Einen ganzen Nachmittag rollte sie meine Haare auf dicke Wickler, föhnte und bürstete sie, bis ich wie ein Rauschgoldengel aussah.Als ich mich in dem mannshohen Spiegel im Flur betrachtete, erkannte ich mich nicht wieder.Ich war ein Wesen wie aus diesen kitschig-schönen tschechischen Kinderfilmen, die ich in der Ukraine immer gesehen hatte und die auch ab und zu hier in Deutschland auf KIKA gesendet werden.Wie aus einem Märchentheater.So ein Wesen, das man sich Weihnachten anschaut mit seinen kleinen Cousins und Cousinen, dann findet man das schön, das weiß ich.Aber dieses Maifest hatte nichts mit Märchen und Kindertheater zu tun.Überhaupt nichts.Ich hatte eine furchtbare Angst vor dem kommenden Freitag.Eine Angst, die mir die Kehle zuschnürte.Ich entdeckte sie alle sofort, als mein Vater und ich mit unserem Peugeot in der Warteschlange standen.Das war direkt zwischen dem Treppenaufgang zum Haupthaus und der großen Rasenfläche, auf welcher der Empfang stattfinden sollte.»Herzchen« Lohmann, unser Direktor, begrüßte jeden Gast mit Handschlag.Neben ihm seine Frau (ihren Vornamen habe ich vergessen), sie ließ sich von den männlichen Gästen die Hand küssen, als wäre sie die Queen.Als Nächstes sah ich Tilly, in einem engen weißen Hosenanzug, der so weit aufgeknöpft war, dass man ihren neuen La-Perla-Spitzen-BH sehen konnte.Marcia neben ihr posierte in einem weiten, wehenden Minikleid aus hauchdünnem Stoff und Sandaletten mit unglaublich hohen Absätzen, in denen sie den Catwalk vorführte.Es sah aus, als habe sie das ausführlich im Ballettraum vor dem Spiegel geübt.Lennart hatte sich untergehakt bei einer Dame mit Pelzstola, vielleicht seine Mutter - die einen Dalmatiner an der Leine führte.Das Ganze hätte unglaublich elegant ausgesehen, wenn der Dalmatiner nicht an einem der neu gepflanzten Birken stehen geblieben wäre, um zu pinkeln.Justines Vater hingegen sah aus, als sei er direkt von seiner Segeljacht auf das Fest gekommen.Mit Dreitagebart und Sonnenbrille, die in seinen gewellten, eisgrauen Haaren steckte, in Slippern ohne Strümpfe, ausgebeulten Hosen und schlabberigem T-Shirt sah er exakt so aus wie diese Millionäre in den Illustrierten, die sich einen Dreck um ihr Äußeres kümmern.Einfach, weil sie reich genug sind, so dass jeder sie trotzdem akzeptiert.Ich stellte mir für eine Sekunde vor, wie mein Leben aussehen würde, wenn er mein Vater wäre.Simon, der sonst immer wie ein Penner herumlief, hab ich an dem Tag zum ersten Mal im Anzug und mit Krawatte gesehen.War auf einmal ein ganz anderer Typ.Und dann erst Naddel! Seit ihrem letzten »Coup« gegen mich (Kotze hinter dem Klo.Deine Mutter, sie hat nicht gut genug geputzt.) nannte ich sie nun für mich auch nur noch Naddel.Sie verdiente es nicht besser.- Also Naddel [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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