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.»Miwa, was macht die Königin?«Sie nickte bedeutungsvoll vor sich hin.»Die Königin befragt die Geister.«Ich atmete erleichtert auf.Alles war gut.Meine Mutter sprach zu den Geistern und diese würden ihr Antwort geben.Beruhigt schloss ich die Augen und sank in einen tiefen, bleiernen Schlaf.Im Traum vernahm ich undeutlich Stimmen.Zuerst kamen sie von sehr weit her, dann hörte ich sie deutlicher.Sie waren sanft, heiter, beruhigend: ein feierlicher Gesang, der mich einwiegte.Ich fühlte, wie mein Geist sich von ihm emporheben ließ, in Ruhe und Vergessenheit glitt.Doch schlagartig war ich wieder hellwach und bei klarem Bewusstsein, erinnerte mich an den Angriff, die Schlacht, den Brand.Vor meinem inneren Auge trat der schwarzgekleidete Krieger in Erscheinung, dessen lederumwickelte Hände das Schwert mit den sieben Klingen schwangen …Schaudernd richtete ich mich auf.Im selben Atemzug erkannte ich die Stimmen, die seit geraumer Zeit an meine Ohren drangen; es waren die Stimmen der hundert Priesterinnen aus dem Heiligtum von Sugati!Mit steifen Knien kroch ich an die Schiebewand, stieß sie auf und blinzelte benommen.Über dem Innenhof brannte die Mittagssonne.Im Schatten der braunen Strohdächer der Galerien stand die Leibgarde stumm und regungslos Spalier, während durchsichtige weiße Vorhänge, mit dem königlichen Wappen versehen, vor den Eingängen der Festung wehten.Weihrauchduft stieg auf.Der Ton gedämpfter Tempeltrommeln mischte sich in den Gesang, als der langsame Zug der Priesterinnen den Innenhof betrat.Alle hielten die Stirn gesenkt und bewegten sich mit gemessenen Schritten.Ihre Gesichter waren weiß gepudert, die langen Haare im Nacken mit einem geflochtenen Reisstrohband zusammengebunden.Über ihren weißen, fließenden Gewändern trugen sie scharlachfarbene Überwürfe, deren Ärmel über den Boden schleiften.Jede hielt in Brusthöhe einen großen bronzenen Spiegel, der in der Sonne weiß glühend funkelte.Die gewölbten Oberflächen waren mit Spiralmotiven verziert.Ein Kreuz, das die Weltachse darstellte, teilte jeden Spiegel in vier gleich große Felder.Ich erkannte die hundert Bronzespiegel wieder, die meine Mutter einst vom König von Nimana, jenseits des Meeres, als Zeichen seiner Hochachtung erhalten hatte.Die Spiegel waren sehr schwer, sodass die älteren Priesterinnen ein wenig unter ihrem Gewicht schwankten.Die Sonnenstrahlen brachen sich auf den flimmernden Oberflächen; jede Priesterin schien eine Flammengarbe zu tragen.Geblendet hielt ich die Hand über meine zuckenden Lider und suchte eine Antwort auf die vielen Fragen, die mich bestürmten.Was war geschehen? Warum hatte man die Spiegel aus dem Heiligtum entfernt? Warum wurde die Zeremonie ohne mein Wissen abgehalten? War es als Königstochter nicht meine Pflicht, die Priesterinnen anzuführen? Ein Geräusch leiser Schritte riss mich aus meinen Gedanken.Miwa war mir voller Besorgnis gefolgt.Aufgebracht wandte ich mich an sie:»Was hat das zu bedeuten? Sprich!«Sie antwortete verstört:»Es geschieht auf Befehl der Königin.Die Geister haben sie heute Nacht beraten.Wenn die Sonne am höchsten steht, werden die Priesterinnen die Heiligen Spiegel zum Meer tragen.Die Große-Göttin-die-den-Himmel-erleuchtet wird unsere Stadt mit einem Feuergürtel schützen.«Ich starrte sie an.»Aber ich wurde nicht unterrichtet!«Sie schlug die Augen nieder.»Es war verboten, deine Ruhe zu stören.«»Es ist gut«, stieß ich leise hervor.Mir wurde alles klar.Dem Feind würden hundert Priesterinnen mit hundert Bronzespiegeln in der Hand gegen-übertreten.Die Sonne auf den glänzenden Oberflächen sollte die Sperbermenschen blenden und verwirren.Die Zauberkräfte der Tradition sollten sich mit einer Kriegslist vereinen, um unserem Heer den Vorteil zu sichern.Ich aber wusste, dass die Priesterinnen ihr Leben aufs Spiel setzten.Als zukünftige Herrscherin sollte ich von der Gefahr verschont bleiben.Dieser Gedanke war unerträglich! Meine Wangen röteten sich vor Scham.»Wer führt die Priesterinnen an?«, fragte ich Miwa.Sie flüsterte aufgeregt:»Die Königin selbst! Oh, es ist ein großer Tag für unser Volk! Die Göttin wird uns den Sieg schenken!«Draußen trat Stille ein.Ich hörte meine eigenen gepressten Atemzüge.Dann erhob sich das leise Trillern einer Flöte.Als ich wieder durch die Schiebetür blickte, sah ich meine Mutter in den Innenhof treten.Diesmal war sie ganz in Purpur gekleidet.Nur ihr Stirnband, mit einem einzigen Eichenblatt versehen, war nach wie vor weiß.Ihre Rüstung aus Bronzeschuppen, seidenverschnürt und goldverziert, klirrte leise, als sie den Priesterinnen mit schweren, festen Schritten entgegentrat.Da löste sich Oshiba, die Große Ahnin, von ihren Gefährtinnen.Ihre Haare bedeckten wie ein weicher grauer Mantel Schultern und Rücken.In ihrem wachsbleichen Gesicht schimmerten die Augen wie brauner Samt.Sie trug, als wäre er ein Teil ihres Körpers, den größten und schwersten aller Spiegel, auf dessen Oberfläche das uralte Motiv des Lebensbaumes im Sonnenlicht funkelte.Die Flöten schwiegen, als meine Mutter langsam und feierlich die Hand hob.Ihre schmalen Finger berührten das ehrwürdige Zeichen des Lebensbaumes.Liebkosung? Befehl? Ein Blitz zuckte über den Spiegel.Mir war, als ob die aufsprühende Flamme meine Netzhaut verbrannte.Ich holte tief Atem und sprach zu Miwa:»Kleide mich an, schnell!«Sie warf mir einen erschrockenen Blick zu.Doch ich sagte:»Verbinde die Wunde gut.Und bring mir die Waffen!« Sie gehorchte mit vorwurfsvollem Schweigen, half mir, meine Rüstung zu schnüren.Obwohl man sie mit warmem Wasser gereinigt hatte, waren die dunklen Blutflecken noch immer auf dem Leder sichtbar …Die See glitzerte im Mittagslicht.Die Riffe verschmolzen wie Trugbilder mit dem Himmel.Fast senkrecht fielen die reglosen Schatten der Priesterinnen auf den weißen Sand.Sie standen im Abstand von drei Schritten nebeneinander.Die Bronzespiegel hielten sie dem Boden zugewandt.Zu beiden Seiten bildeten die Krieger einen undurchdringlichen Gürtel und hinter ihnen rückten bewaffnete Männer und Frauen schweigend immer dichter zusammen.Die Königin stand neben Oshiba, auf ihr Schwert gestützt, die gespreizten Füße fest in den Sand gestemmt [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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