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.Doch nichts regte sich darin.Nur als die Gedichte ihres Sohnes Erwähnung fanden, ballte sie ihre Hand zu einer Faust über dem Herzen.Sie verschwieg etwas.Jene Gedichte, die Lambert Fessler verfasst haben sollte, waren unauffindbar.Nur Therese besaß noch einen Brief, den sie während ihrer Verlobungszeit auf indirektem Wege erhalten hatte, wie sie Collmann wissen ließ.Er musste sie bei ihren erschrockenen Eltern aufsuchen, zu denen sie zurückgekehrt war – fluchtartig, nachdem ihre Schwiegermutter sie verflucht und beschrien hatte wie eine Fremde.Das Entsetzen ließ Therese immer aufs Neue in Tränen ausbrechen, derweil sie ihm erzählte, wie Caroline auf dem staubigen Boden bei ihrem Sohn kniete – stundenlang – und wie eine Wahnsinnige nach jedem schlug, der sich ihnen nähern wollte.Während Collmann Lambert Fesslers Brief in Gegenwart der jungen Witwe lesen durfte, fragte er sich, ob er jemals für eine Frau fühlen würde, was diese Zeilen ausdrückten.Er begann damit, als Therese aus seinen Händen ein Tuch entgegennahm.Es schien ihm, dass ihre Augen für einen Moment in seine tauchten.Homberg hatte sich zufrieden gegeben mit Collmanns Bericht, doch er lehnte es ab, an der Beerdigung eines Selbstmörders teilzunehmen, auch wenn dieser in tiefer Melancholie aus dem Leben gegangen war.Das einzige Zugeständnis des Bürgermeisters war es gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass Lambert auf dem alten Friedhof der kleinen Kapelle St.Michael an der Seite seines Vaters begraben werden durfte.Schon für den alten Fessler – dessen Wunsch es gewesen war, bei den Pilgern zu ruhen – hatte man um einen Platz auf dem stillgelegten Friedhof bitten müssen.Bei verdienten Bürgern, oder mitunter in tragischen Fällen, gab man solchen Bitten noch nach.Auch Professor Kilian konnte gegen die strengen sittlichen Auffassungen seines Freundes nichts ausrichten, obwohl er sich Caroline zuliebe sehr eindringlich verwendete, dass doch der Bürgermeister ihrem Sohn die letzte Ehre erweisen möge.Und so vermutete Kilian, dass die rot geweinten Augen Malvine Hombergs, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Grabes dicht bei Therese hielt, auf eben jene Unnachgiebigkeit zurückzuführen waren.Tatsächlich war Malvine nicht allein darüber aufgewühlt, in welch demütigender Weise Lambert ihre Freundin als Ehefrau hatte versagen lassen.Sie fand keine Erklärung für seine rätselhafte Rücksichtslosigkeit, keinen Trost für Therese, und sie fürchtete ernsthaft um sie.»Homberg«, hatte Malvine heute Morgen ihren Mann angefleht, »wenn du Lambert Fesslers Tod so verächtlich betrachtest und beinahe zu einem kriminellen Akt machst, wird alles nur noch schlimmer für Therese.«»Nicht ich mache ihn zu einem kriminellen Akt, er selbst hat es getan«, war die Antwort ihres Gatten gewesen.»Wie anders willst du es nennen, wenn jemand die Selbstliebe zum Prinzip erhebt? Abgesehen davon, dass er die Pflicht gegen sich selbst und seine Ehefrau verletzt hat …«»Pflichten und Prinzipien, Homberg, komm einmal zu dir! Du sprichst nicht vor dem Rat, und du sitzt nicht zu Gericht, hoffe ich, wenn es um Freundschaft geht.«»Der Mann war nicht mein Freund und hätte es schwerlich sein können.Ganz offensichtlich fehlte es ihm an Kraft, sein Leben als Teil der Gesellschaft zu meistern, und ich werde nicht öffentlich seinen vermeintlichen Mut zum Tod anerkennen.«»Mir geht es doch nicht um ihn oder dass du gutheißt, was er getan hat, aber Therese – sie ist meine liebste Freundin …« Hombergs harte Gesichtszüge hätten ihr sagen müssen, dass er seine Haltung nicht ändern würde, doch sie war zu sehr daran gewöhnt, ihn herumzukriegen.»Und nicht zu vergessen, sie ist auch die Patin unseres Sohnes, dem bald möglicherweise ein weiterer folgen wird.Homberg, sei nicht herzlos«, sie wusste ihrer Stimme einen wirklich schmeichelnden Klang zu geben, »ich bin wieder schwanger – was sagst du? Und ich will darüber nicht zum ersten Mal unglücklich sein.«Diese Bemerkung allerdings war das fatale Ende ihrer Unterredung gewesen, aus der Homberg sich mit kaltem Schweigen zurückgezogen hatte.Gekränkt in Wahrheit.Diese Erkenntnis ließ Malvine am Grab Lambert Fesslers erneut weinen – hemmungslos, wie es ihre Art war.Caroline hob den Kopf, als sie das Schluchzen vernahm.Die Totengräber ließen den Sarg in die schwarze Öffnung hinab, während Pfarrer Siebert ihren Sohn segnete.Er betete für die schlaflose Seele und predigte Milde.Kein Christenmensch sollte einen anderen verurteilen, dessen Hinscheiden in Schwermut und daher doch nicht gänzlich freiwillig zustande gekommen war.Sie hörte den Geistlichen von stiller Wut und Verzweiflung sprechen, und nichts davon berührte sie.Die Menschen am Grab ihres Sohnes, über dem eine schneegebeugte Birke hin und wieder ein wenig von ihrer Last abgleiten ließ, waren für Caroline eine gesichtslose, dunkle Menge.Die Luft ging durch die Nacht:das berührte sieTrug meine Liebe durch die Stille,sie hörte kaum etwas anderesdein schlafendes Herz zu wecken.Nichts quälte Caroline mehr als dieser Brief, den sie aus seinen verkrampften Händen gewunden hatte, der dabei zerrissen war und den sie trotz des Zwielichts hatte lesen können, Wort für Wort, auch den Namen, an den diese gerichtet waren.Elgin stand über ihnen auf dem Hang.Sie hielt sich fern, in einer Mauernische der Kapelle, und die Kälte war längst durch den langen Mantel und das wollene Kleid bis in ihr Innerstes gedrungen.Wie seltsam, dass sie unwillkürlich ihre Hand auf den Bauch legte.Es kam ihr zu Bewusstsein, im selben Moment, als sie es tat.Als schaute sie einer anderen zu.Womit sie sich so viele Jahre in einer selbstverständlichen Weise befasst hatte, war selbstverständlich nicht sie.Elgin war anders.Wie bedeutsam es ihr gewesen sein musste, dass sie so vieles darüber hinaus nicht in Betracht gezogen hatte.Das Leben.Den Tod.Wie sehr es doch ihre Gewohnheit war, sich zu befassen.Die Leute da unten.Den Sarg, der nicht irgendeinen Menschen in sich verschlossen hielt, sondern Lambert.Sie musste sich zwingen, seinen Namen über die steifen Lippen zu bringen [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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